Der Haubentaucher

Vogel des April

Abb.1: Zwei prachtvolle Haubentaucher / Foto: Dr. Norbert Maak
Abb.1: Zwei prachtvolle Haubentaucher / Foto: Dr. Norbert Maak

BIRDnet! - Mit seiner Eleganz und Schönheit sticht der Haubentaucher unter den Vögeln unserer Heimat hervor. Allerdings nur so lange er den Schnabel hält, denn dann wird es "ordinär". Im Frühjahr schallen wenig melodische Laute, die mit "kraorrr" oder "aorr" beschrieben werden können, über sein Brutrevier auf dem Wasser. Doch allein die Optik macht ihn zu einer echten Perle unserer Vogelwelt.


Er ist so schön, dass wir uns kaum vorstellen können, dass er noch im vergangenem Jahrhundert eifrig verfolgt wurde. Erst in den 1950er Jahren erholte sich sein Bestand in Mitteleuropa wieder langsam, weil einerseits die Jagd auf ihn nach und nach eingestellt wurde und andererseits sowohl Gewässergüte als auch Gewässeranzahl zunahmen.

 

Unter dem "Schicksal der Verfolgung" durch Menschen, das heute mancherorts der Kormoran erduldet, mussten auch andere Fischfresser wie Graureiher, Eisvogel und eben der Haubentaucher leiden. Wenn man die Verfolgung aus Konkurrenzdenken noch als irrational und kurzsichtig bezeichnen kann, so war eine andere Form der Nachstellung vielleicht noch gefährlicher, weil durchaus rational - der Haubentaucher wurde zum Modeartikel verarbeitet.

 

Das Federkleid der Haubentaucher ist sehr dicht. Als Schwimmvogel, der fast sein ganzes Leben im Wasser verbringt, schwimmend und tauchend, ist er hervorragend isoliert. Und so wie der Pelz der Biber und Fischotter begehrt wurden, weil sie warme, wasserdichte, Mäntel abgaben, so wurde dem Haubentaucher sein "Gefiederfell" abgezogen und zu Muffs, Krägen und anderen Bestandteilen der Winterkleidung verarbeitet.

Abb.2:  Der Haubentaucher als Schwimmvogel fühlt sich sichtlich wohl in seinem Element, dem Wasser / Foto: Wolfgang Scholz NABU
Abb.2: Der Haubentaucher als Schwimmvogel fühlt sich sichtlich wohl in seinem Element, dem Wasser / Foto: Wolfgang Scholz NABU

Auch heute noch leiden die hübschen Taucher unter den Menschen. Allerdings nicht durch direkte Verfolgung, sondern durch den "Freizeitmenschen". Badegäste und Wassersportler, die auch kleine Gewässer und deren Uferzonen aufsuchen, stören empfindlich das Brutgeschehen der lokal scheuen Vögel, weshalb sie, trotz des gesetzlichen Schutzes, mancherorts immer seltener werden.

 

Mit etwa 50 cm Körperlänge ist der Haubentaucher ungefähr so groß wie eine Stockente. Die Geschlechter sind gleich gefärbt mit weißem Gefieder an Hals und Bauchunterseite. Auffällig ist die Kopfzeichnung: ein weißes Gesicht, schwarzer Scheitel und eine braunrote und schwarze Federhaube, die ihm den Namen gab. Die Haube wird bei Gefahr angelegt und in Erregung abgespreizt, sodass sie wie zwei Ohren absteht. Im Schlichtkleid fehlt die bunte Haube, und der Haubentaucher ähnelt dann dem verwandten Rothalstaucher oder dem Sterntaucher aus der Familie der Seetaucher. In den ersten Lebensmonaten zeigen die jungen Haubentaucher eine charakteristische Zebrastreifung an Kopf und Rücken. Oft fahren die Jungen im Rückengefieder der Eltern Boot über den See. Dieses Verhalten ist wohl eine Anpassung an die Gefährdung der Brut durch große Raubfische, die die Kleinen von der Wasseroberfläche "schlürfen".

 

Haubentaucher gehören zur Familie der Lappentaucher. Dieser Name leitet sich von einer Besonderheit der Füße ab. Die Zehen des Wasservogels sind nicht wie bei Enten mit Schwimmhäuten verbunden, sondern weisen an den drei Vorderzehen lappenartige Verbreiterungen - ähnlich wie bei Blässhühnern - auf. Trotzdem können die Haubentaucher schnell schwimmen und hervorragend tauchen. Die Tauchgänge dauern nicht lange, im Durchschnitt nur 45 Sekunden. Sie können in einem Tauchgang bis zu 40 Meter zurücklegen, meist ist es aber viel weniger. Seine Nahrung besteht aus kleinen Fischen, Libellen und anderen Wasserinsekten, Kaulquappen und manchmal sogar aus Samen. In Küstengewässern, die er nicht zur Brut sondern zur Überwinterung aufsucht, werden auch Garnelen gefangen.

Abb.3: Eine Haubentaucher-Mutter mit ihren Kindern im Schutz der Schilfgräser / Foto: Wolfgang Scholz NABU
Abb.3: Eine Haubentaucher-Mutter mit ihren Kindern im Schutz der Schilfgräser / Foto: Wolfgang Scholz NABU

Der Haubentaucher bevorzugt stehende und langsam fließende Gewässer von der Küste bis zu den Voralpenseen, auch künstliche Gewässer wie Talsperren, Bagger- oder Braunkohle-Restseen. Wichtig für eine erfolgreiche Brut sind Uferbereiche mit Schilfgürtel oder Weidengebüsch in denen er sein schwimmendes Nest anlegen kann. Wasserstandsschwankungen während der Brutzeit sind tödlich für die Brut. Wird an Talsperren im Frühsommer das Wasser zu schnell verbraucht, brechen die Schwimmnester, die an Schilfstängeln oder Weidenästen aufgehängt sind, auseinander, weil die Taucher mit dem Nachlegen von Schwimmmaterial nicht nachkommen.

 

Spektakulär ist die Balz der Haubentaucher, die sich jetzt im April besonders gut beobachten lässt. Das Balzritual besteht aus mehreren Phasen, die allerdings nicht immer alle gezeigt werden. Typische Bewegungsabläufe sind synchron von beiden Vögel vorgetragene ballettartige Darbietungen. Viele Menschen werden besonders angerührt von dem Geschenkritual, bei dem Geschenke in Form von Futter und Nestmaterial überreicht werden.

 

Der Schutz des Haubentauchers war im 19. Jahrhundert das Gründungsziel einer britischen Tierschutzvereinigung, aus der später die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) hervorging. Der RSPB ist einer der ganz großen Naturschutzverbände auf der Welt, hat in seinem Heimatland jetzt (2014) über eine Million Mitglieder und hat sich somit innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt. Und daran ist der Haubentaucher nicht unschuldig...


Quelle: naturwerke (birdnet-news.de)

Fotos und Text: Thomas Griesohn-Pflieger / birdnet.de - 04/2021