Die Purpurrote Taubnessel (Lamium purpureum)

Abb. 1 Charakteristischer Habitus der Purpurroten Taubnessel
Abb. 1 Charakteristischer Habitus der Purpurroten Taubnessel

Auf dem geschützten Feld des NABU in Flehe hat sich die Purpurrote Taubnessel Lamium purpureum entschieden, mit Ausnahme der wenigen Frosttage, das ganze Jahr über zu blühen; Grund genug, sich einmal mit ihr zu befassen:

 

Die Familienverhältnisse: Lamium purpureum gehört zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Kennzeichen für diese sind zygomorphe Blüten. Das bedeutet, dass die Blüte nur spiegelsymmetrisch ist, wenn man sie, von vorne betrachtet, in der Mitte der Längsachse aufschneiden würde. Radiäre Blüten kann man dagegen in jeder Richtung schneiden, die Hälften bleiben immer symmetrisch. Die Blüten der Lamiaceae  bestehen aus Kelch und Krone. Die Blüten haben eine Unter- und, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen, eine Oberlippe, die je nach Art verschiedenartig geformt sind. Die Unterlippe ist drei- oder fünf-lappig. Die Stängel sind meist 4-kantig. Bekannte Familienmitglieder sind die verschiedenen Taubnesseln und Minze-Arten sowie Bohnenkraut, Salbei, Melisse oder Thymian.

 

Lamium purpureum liebt nährstoffreiche, lockere Böden, die gerne im Halbschatten liegen dürfen. Deshalb findet man sie auf unserem Feld hauptsächlich dort, wo die Erde torfreich und locker ist. Sie ist ein Stickstoffanzeiger. Ihre Heimat zieht sich von ganz Europa bis nach Sibirien hin, wo man sie auf Äckern, in Gärten, an Wegrändern usw. findet. Wenig Schatten macht ihr nichts aus, Trockenheit auch nicht; sie reduziert dann einfach ihre Größe.

 

Die Purpurrote Taubnessel ist eine einjährige Pflanze, deren Blätter sich im Herbst entwickeln und den Winter über grün bleiben. Leider wuchert sie durch Ausläuferbildung sehr stark. Daneben braucht sie bis zur Samenreife nur wenige Wochen und kann 2-4 Generationen pro Jahr bilden. Mögliche Selbstbestäubung erhöht den Fortpflanzungseifer zusätzlich. Die Pflanzen werden bis zu 30 cm hoch. Sie sind vollständig behaart (Abb. 2 und 3).

 

Junge Blätter (Abb. 1) sind purpurfarben überhaucht und werden erst mit zunehmender Reife dunkelgrün. Manchmal ist auch die gesamte Pflanze rötlich (Abb. 3). Die Laubblätter sind gegenständig angeordnet und teilen sich in Blattstiel und Blattspreite auf. Letztere ist eiförmig bis dreieckig und mit einem tiefen Adernetz versehen, wodurch sie runzelig wirkt. Der Blattrand ist gekerbt.

 

Die Blüten der Purpurroten Taubnessel sind rosa-purpurrot. Der Artname purpureum ist damit Programm. Die Blüten sind in Scheinquirlen angeordnet (Abb. 1). Bei älteren Pflanzen findet man 3-7 Quirle übereinander. Die Knospen sind schief keulenförmig und stecken mit der Röhre in den 5-zackigen Kelchen, die zu klein scheinen, weil die Blütenröhre die Kelchröhre überragt (Abb.2).

Abb. 2 Die helmartige Oberlippe ist bei der noch geschlossenen Blüte bereits gut zu erkennen.
Abb. 2 Die helmartige Oberlippe ist bei der noch geschlossenen Blüte bereits gut zu erkennen.

Die Oberlippe der Blüte ist helmförmig, die Unterlippe verkehrt herzförmig und sehr viel kleiner als die Oberlippe. Die seitlichen Läppchen wirken wie die Enden einer Schleife (Abb. 3).

Abb. 3 Die Blüte entspringt einer Blattachse und hat eine große Oberlippe und eine kleine Unterlippe. Durch die Oberlippe sieht man die Staubbeutel punktförmig schimmern.
Abb. 3 Die Blüte entspringt einer Blattachse und hat eine große Oberlippe und eine kleine Unterlippe. Durch die Oberlippe sieht man die Staubbeutel punktförmig schimmern.

Im Inneren der Blüte erkennt man bei Vergrößerung einen zweinarbigen Griffel und violette, weiß behaarte Staubbeutel (Abb. 4). Die Bestäubung erfolgt durch Bienen und Grabwespen, die mit Nektar belohnt werden. Diese Taubnessel ist als absolute Frühblüherin besonders wichtig als Nahrungsquelle für die zuerst ausfliegenden Hummelköniginnen. 

Abb. 4 Griffel und Staubfäden mit Staubbeuteln im Blütenschlund der Purpurroten Taubnessel
Abb. 4 Griffel und Staubfäden mit Staubbeuteln im Blütenschlund der Purpurroten Taubnessel

Die Früchte von Lamium purpureum sind sogenannte Bruchfrüchte. Sie zerfallen in Teilfrüchte mit je einem Samen. Die Ausbreitung erfolgt über Ameisen, die von den fett- und eiweißreichen Elaiosomen profitieren, die an den Teilfrüchten hängen.

Da sie droht, andere wertvolle Arten zu überwuchern, ist Lamium purpureum auf neu angelegten Wildblumenwiesen, wie es das Fleher Feld werden soll, nicht sehr beliebt und muss auf jeden Fall reduziert werden, bis ein natürliches Gleichgewicht auf den Wiesen  herrscht.

 


Quellen:

Bundesamt für Naturschutz: https://www.floraweb.de/xsql/artenhome.xsql?suchnr=3265

R. Fitter, A. Fitter, M. Blamey, 2000: Pareys Blumenbuch, Parey Buchverlag Berlin, S. 210-211

 

 

Text und Fotos: Brigitte Steinke – Biologin – NABU Düsseldorf e.V.