Das Gefleckte Lungenkraut

Pulmonaria officinalis

Abb. 1 Geflecktes Lungenkraut / Foto: Brigitte Steinke NABU
Abb. 1 Geflecktes Lungenkraut / Foto: Brigitte Steinke NABU

Das Gefleckte Lungenkraut ist eine sehr alte Heil- und Gartenpflanze war deshalb früher in jedem Garten an feuchteren und dunkleren Stellen zu finden; es ist eine Schatten- und Halbschattenpflanze. Mit seinen gefleckten Blättern und verschiedenfarbigen Blüten ist es kaum mit anderen Pflanzen zu verwechseln. In der freien Natur wächst es fast überall in Europa. Man findet es überwiegend in nährstoffreichen Bruch- oder Auenwäldern sowie in Laub- und Tannenwäldern auf leicht kalkhaltigen Böden. Auch mit Lehmböden kommt es zurecht. Dieses Jahr wurde ein Teil des nördlichen Südparks im Abschnitt „In den Gärten" mit ihnen bepflanzt. Pulmonaria officinalis, auch Pulmonaria maculata genannt, ist in den meisten Bundesländern, so auch in NRW, nicht geschützt. Neben dieser gibt es in noch weitere Arten, die sich anhand der Blätter unterscheiden lassen.


Lungenkräuter gehören zur Familie Boraginaceae, den nach der Leitpflanze genannten Borretsch- oder Raublattgewächsen. Neben dem Küchenkraut Borretsch gehören unter anderen die Vergissmeinnichtarten dazu, der Beinwell, der Natternkopf und die Ochsenzunge. Natternkopf und besonders Beinwell wachsen vielerorts in den Rheinwiesen.

 

Was charakterisiert die Borretsch- oder Raublattgewächse?

 

Der ältere Name weist bereits darauf hin: Zumindest in Mitteleuropa sind die Blätter und Stängel dieser Pflanzenfamilie meistens rau behaart. Mit einer Ausnahme sind alle Vertreter der Familie behaart. Gemeinsam sind ihnen zudem die radiärsymmetrischen Blüten, deren meist fünf verwachsene Blütenblätter (Kronblätter) in eine mehr oder weniger lange Röhre übergehen. Die Röhre wird von einem borstigen Kelch aufgenommen, dessen Blätter mindestens bis zur Hälfte der Röhre ebenfalls miteinander verwachsen sind. Staub- und Fruchtblätter liegen meistens geschützt in der Kronröhre.

 

Und was kennzeichnet das Gefleckte Lungenkraut?

 

Pulmonaria officinalis ist eine ausdauernde Pflanze, sodass man sich jedes Jahr neu an ihr erfreuen kann. Sie blüht von März bis Ende Mai.

 

Mit etwas Fantasie deuten sowohl der lateinische als auch der deutsche Name bereits an, wie die Blätter der Pflanze aussehen: Früher wurden sie mit Lungenflügeln assoziiert, wobei die weißen Flecken die Lungenbläschen symbolisieren sollten. Grund- und Stängelblätter sind hellgrün, herzförmig bzw. oval bis elliptisch geformt. Die Grundblätter sind gestielt, haben kleine Höcker mit Drüsen und Borsten auf der Oberfläche und sind größer als die Stängelblätter (Abb. 2). Die Stängelblätter „sitzen“ dagegen direkt am Stängel (Abb. 1 und 2). Nach der Blüte wachsen die Blätter noch ein wenig.

Abb.2 Gestielte Grundblätter und sitzende Stängelblätter des Gefleckten Lungenkrauts / Foto: Brigitte Steinke NABU
Abb.2 Gestielte Grundblätter und sitzende Stängelblätter des Gefleckten Lungenkrauts / Foto: Brigitte Steinke NABU

Wie von Zauberhand ändern die Blüten des Lungenkrauts nach wenigen Tagen ihre Farbe. Wenn sie aufgehen sind sie rot, später werden sie durch eine Veränderung der Säureverhältnisse (pH-Wert) im Zellinneren blauviolett (Abb. 3). Die Farbe wird durch Anthocyane verursacht. Am Rand des Blütenschlundes befinden sich feine, weiße Schuppen, die die noch unreifen Staub- und Fruchtblätter verschlossen halten. Die Fortpflanzungsorgane der zwittrigen Blüten entwickeln sich parallel. Die Bestäubung erfolgt durch Bienen, Hummeln, Wespen, Wollschweber- und Schwebfliegen. Manche, wie die Langrüsselige Pelzbiene (Anthophora plumipes), auch Frühlings-Pelzbiene genannt, fliegen überwiegend die roten Blüten an. Diese enthalten mehr Nektar als die blauen. Er ist nur für sehr langrüsselige Insekten zugänglich, weil er unter dem Fruchtknoten, der am Grund der Blütenröhre liegt, ausgeschieden wird. Die Rüssel müssen also mindestens so lang wie die Kronröhren sein, um an süßen Nektar herankommen zu können. Diesbezüglich gut ausgestattet und auch häufig an den Blüten anzutreffen ist die Langrüsselige Pelzbiene, die man im ersten Augenblick vielleicht für eine kleine, unruhige Hummel hält. Schwebfliegen fressen den Pollen der Blüten.

Abb.3 Blüten des Gefleckten Lungenkrauts unterschiedlichen Alters. In der Kronröhre geschützt sind die Staubblätter mit ihren schwarzen Staubbeuteln und dem weißem Pollen zu sehen. / Foto: Brigitte Steinke NABU
Abb.3 Blüten des Gefleckten Lungenkrauts unterschiedlichen Alters. In der Kronröhre geschützt sind die Staubblätter mit ihren schwarzen Staubbeuteln und dem weißem Pollen zu sehen. / Foto: Brigitte Steinke NABU

Die Früchte der Pflanzen sind sogenannte Bruchfrüchte. Sie zerfallen in reifem Zustand in normalerweise vier Teilfrüchte, die jeweils einen Samen enthalten. An den Samen befindet sich ein sogenanntes Ölkörperchen (Abb. 4), das neben Fetten auch Eiweiße, Stärke und Zucker enthält – alles sehr nahrhaft für Ameisen. Die Tiere tragen die Samen deshalb in ihren Bau, trennen die Ölkörper dort ab und schaffen die ansonsten für sie nutzlosen Samen wieder hinaus. Den Ölkörper brauchen die Samen nicht zum Keimen. Die Ameisen tragen so zur Verbreitung der Samen bei. Für Pflanze und Ameise eine Win-win-Situation. Solche Ölkörperchen gibt es bei Pflanzen, die in ameisenreichen Wäldern zuhause sind, häufiger – ein toller Einfall der Natur.

Abb. 4 Samen von Pulmonaria officinalis mit Ölkörperchen / Foto: Brigitte Steinke NABU
Abb. 4 Samen von Pulmonaria officinalis mit Ölkörperchen / Foto: Brigitte Steinke NABU

Die Samen sind Lichtkeimer. Wenn Sie das Gefleckte Lungenkraut aussäen möchten, sollten Sie die Samen deshalb nicht oder nur ganz leicht mit Erde bedecken.

 

Pulmonaria officinalis überdauert den Winter durch dünne Rhizome. Diese dienen ebenfalls der Vermehrung.

 

Das Gefleckte Lungenkraut ist, wie bereits erwähnt, eine alte Heilpflanze. Wegen der Assoziation der Blätter mit der Lunge, wurde es ursprünglich gegen Lungenkrankheiten bis hin zur Tuberkulose eingesetzt, allerdings ohne Erfolg. Später wurde es zum Hausmittel gegen Halsschmerzen, Husten, Heiserkeit, Durchfall und Blasenprobleme. Dafür wird das Kraut (Blüten, Blätter und Stängel) zur Blütezeit geerntet, getrocknet und als Tee zubereitet. Die Inhaltsstoffe beinhalten Kieselsäure, Schleime, Saponine, Gerbstoffe und Mineralien. Ihnen wird eine hustenreiz- und entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben. Im Deutschen Arzneibuch (DAB) sind Qualitätsparameter für das Lungenkraut festgelegt. Wissenschaftlich erwiesen wurde seine Wirkung jedoch nicht, weshalb die Pflanze auch nicht als traditionelles Arzneimittel im Sinne des § 39a Arzneimittelgesetz (AMG) eingestuft wurde. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass zu alten Haus- und Heilmitteln bisher häufig keine Studien durchgeführt wurden. Ohne eine solche Beweislage gelten sie offiziell nicht als traditionelle Arzneimittel.


Quellen:

 

R. Fitter, A. Fitter, M. Blamey, 2000: Pareys Blumenbuch, Parey Buchverlag Berlin, S. 200-201

Bundesamt für Naturschutz: https://www.floraweb.de/pflanzenarten/artenhome.xsql?suchnr=4638&

 

Text und Fotos: Brigitte Steinke – Biologin - NABU