Großer Wiesenknopf

Pflanze des Monats August/September (Sanguisorba officinalis)

  Abb. 1 Blütenstand des Großen Wiesenknopfs in der Urdenbacher Kämpe
Abb. 1 Blütenstand des Großen Wiesenknopfs in der Urdenbacher Kämpe

Auch wenn er gar nicht so aussieht - der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) und auch sein kleinerer Bruder, der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor) - gehört zu den Rosengewächsen (Rosaceae). Letztes Jahr wurde Sanguisorba officinalis von der Loki-Schmidt Stiftung zur Blume des Jahres gekürt. Die Pflanze sollte damit stellvertretend für die Schutzwürdigkeit ihres Lebensraumes, nämlich die Feucht- und Frischewiesen, stehen. In Deutschland ist der Große Wiesenknopf insgesamt noch recht häufig zu finden, in einzelnen, besonders den norddeutschen Bundesländern, ist die Situation jedoch bereits kritisch; die Pflanzen sind hier gefährdet bis stark gefährdet. Dazu muss man wissen, dass Feuchtgrünland reines Kulturland ist. Ohne den Eingriff des Menschen, würde es verbuschen und letztendlich zu Wald werden. Der Mensch ist jedoch auch derjenige, der diese pflanzen- und tierreiche Landschaft wieder mehr und mehr vernichtet. Durch Überdüngung oder Trockenlegung werden die im Sommer bunten Feucht- und Frischewiesen dadurch immer seltener. Der Klimawandel tut ein Übriges, denn die Wiesenböden trocknen bei so hohen Temperaturen, wie sie in den letzten beiden Jahren auftraten, zu tief aus, um den für sie typischen Pflanzen das Überleben zu gewährleisten. In NRW ist der Große Wiesenknopf überwiegend in den Mittelgebirgen und in den Rheinauen zu finden, so auch bei uns in Düsseldorf. Ein weiterer typischer Bewohner dieser Wiesen, den Kiebitz, gibt es hier leider nur noch vereinzelt.

 

Warum ist Sanguisorba officinalis ein Rosengewächs?

Das ist wahrlich eine gute Frage. Dazu muss man wissen, dass Rosengewächse ungemein vielfältig sind. Unsere einheimischen Kern- und Stein-Obstsorten gehören genauso dazu, wie viele unserer Beerenfrüchte, wie Erd- und Brombeeren, Weißdorne und Schlehen. Hinzu kommt eine Vielzahl von Kräutern wie Fingerkräuter, Nelkenwurz oder Odermennig. Als ursprünglich gelten in der Familie der Rosengewächse unpaarig gefiederte Blätter, wie man sie bei Rosen und Brombeeren noch findet; sie weisen meist 3 Blättchen pro Blatt auf. Für Wiesenknöpfe sind die gefiederten Blätter ein gutes Erkennungszeichen. Ihre Blätter können allerdings bis zu 12 Blättchenpaare haben, was bei anderen Kräutern eher selten ist. Rosengewächsblüten sind immer radiärsymmetrisch und überwiegend zwittrig. Bei den Wiesenknöpfen sind die Blütenblätter im Laufe der Evolution verloren gegangen. Blütenblätter braucht eine Pflanze hauptsächlich, um Insekten für die Bestäubung anzulocken. Die meisten Rosengewächsblüten bezaubern außerdem durch die Vielzahl ihrer Staubgefäße, die aus den ausgebreiteten Blüten weit herausschauen und die Bestäuber so geradezu heranbitten. Beim großen Wiesenknopf übernehmen die weinroten bis rotbraunen Kelchblätter die Funktion von Blütenblättern. Die kelchförmigen „Blüten“ sitzen eng zusammengerückt in 1-3 cm langen Köpfen (Abb. 1). Die Staubblätter sind auf vier pro Blüte reduziert. Damit es mit dem Bestäuben auf jeden Fall klappt, ist auch Eigenbestäubung möglich, aber nur wenn die Helfer ausbleiben.

 

Rosengewächse haben als ein weiteres besonderes Kennzeichen sogenannte Nebenblätter an der Blattbasis; die sind jedoch kein Alleinstellungsmerkmal. Bei ihrer Ausprägung sind der Vielfalt insgesamt sind keine Grenzen gesetzt. Manchmal sind es „richtige“ Blätter wie bei den Wiesenknöpfen, manchmal Dornen, Ranken oder sonst etwas. Nebenblätter sind daher ein wichtiges Bestimmungsmerkmal von Pflanzen. Bei Sanguisorba officinalis sitzen die Nebenblätter unterhalb eines jeden Ansatzes eines Blättchenstiels (Abb. 2). 

Abb. 2 Der Große Wiesenknopf hat die für Rosengewächse typischen Nebenblätter unterhalb seiner Fiederblättchen.
Abb. 2 Der Große Wiesenknopf hat die für Rosengewächse typischen Nebenblätter unterhalb seiner Fiederblättchen.

Was kennzeichnet den Großen Wiesenknopf sonst noch?

Sanguisorba officinalis ist eine krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe von 50-100 cm. Auf den Wiesen ragen die dunkelroten Köpfen häufig frech aus dem Rest heraus. Sie schmücken die Wiesen monatelang mit ihren Blütenständen, nämlich von Juni bis September.

 

Die Pflanzen bilden nach dem Keimen eine Grundrosette aus gestielten Fiederblättern mit 3‑12 ebenfalls gestielten Blättchenpaaren (Abb. 3.). Die Blätter können bis zu 40 cm lang werden. 

Abb. 3 Teil einer Grundrosette aus Fiederblättern
Abb. 3 Teil einer Grundrosette aus Fiederblättern

Die Blätter der Blütenstängel sind kleiner mit entsprechend weniger Fiederblättchen. Alle Fiederblättchen sind mehr oder weniger oval und am Rand gezähnt oder gesägt. Die kleinen Nebenblätter sehen ähnlich aus. Die Blattoberseite ausgereifter Blätter ist dunkelgrün, die Unterseite blaugrün. Die Blütenstängel können rund und glatt oder gerillt sein. Sie verzweigen sich oberhalb der Rosette.

 

Neben den vier Staubgefäßen mit gelbem Pollen befindet sich in den Blüten je ein Griffel mit einer auffallenden Narbe. Sie ist mit rosa Papillen besetzt (Abb. 4a). Der abgebildete Blütenstand befindet sich am Ende seiner Blühzeit. Die Blüten sind bereits befruchtet, die Staubgefäße verwelkt. Durch die noch weißen Fruchtknoten sind die Griffel mit ihren rosa Narben besonders gut zu erkennen. Unter dem Blütenstand versucht eine Dungfliege, noch an Nektar zu gelangen.

Abb 4a. Auf den weißen Fruchtknoten sitzen     

 

Abb. 4b Eine Gras-Schwebfliege bedient sich noch die Griffel mit ihren rosa Narben.  am Nektar einer Blüte.



Der Große Wiesenknopf wird überwiegend von Schwebfliegen (Abb. 4b), Bienen und Faltern bestäubt. Die Belohnung ist Nektar.

 

Für den stark gefährdeten Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris nausithous) spielt Sanguisorba officinalis eine besondere Rolle, denn die Raupe kann sich nur in den Blüten dieser Pflanze entwickeln. Nach dem Schlüpfen lässt sie sich zu Boden fallen. Sie scheidet dann einen zuckerhaltigen Nektar aus, der bestimmte Ameisen anlockt. Sie schleppen ihre scheinbare Futterquelle ins Nest und päppeln sie, merken dabei allerdings nicht, dass diese ihre Brut dabei auffrisst. Ohne den Großen Wiesenknopf und die Ameisen würde der Schmetterling unweigerlich aussterben, weil die besondere Nahrungskette seiner Raupe für ihn zwingend notwendig ist.

 

Die Früchte des Wiesenknopfs sind Sammelnussfrüchte, die durch Wind oder auch Regenwasser verbreitet werden. Der vegetativen Vermehrung dienen Rhizome.

Wie die Artbezeichnung officinalis bereits andeutet, ist der Große Wiesenknopf eine Heilpflanze. Sie ist jedoch bei uns als solche, außer in der Homöopathie, nicht offiziell anerkannt. Früher wurde sie in der Volksheilkunde u.a. zur Wundbehandlung genutzt. Durch diverse Gerbstoffe ist sie adstringierend und blutstillend. Daher rührt auch der Name Sanguisorba sanguis = Blut, sorbere= saugen). In China werden die Pflanzen zur Anwendung für eine Reihe von Erkrankungen angebaut. Man muss jedoch vorsichtig mit ihr umgehen, denn Missbrauch kann zu Unfruchtbarkeit führen.

 

Häufig wird der Große Wiesenknopf auch Bibernelle genannt. Dies ist jedoch irreführend, weil die Bibernelle (Pimpinella) ein Doldenblütler ist, der nur ähnliche Blätter aufweist. 


Quellen:

 

Bochumer Botanischer Verein:

https://www.botanik-bochum.de/jahrbuch/Pflanzenportraet_Sanguisorba_officinalis.pdf

 

Bundesamt für Naturschutz:

https://www.floraweb.de/pflanzenarten/artenhome.xsql?suchnr=5235&

 

Text und Fotos: Brigitte Steinke – Biologin - NABU