Der Huflattich

Tussilago farfara

Abb. 1 Huflattich auf einem künstlich aufgeschütteten Schotterabhang an der Universitätsstraße, Düsseldorf
Abb. 1 Huflattich auf einem künstlich aufgeschütteten Schotterabhang an der Universitätsstraße, Düsseldorf

Wenn man von den Zwiebelpflanzen, die nun überall in den Gärten blühen, absieht, ist der Huflattich mit dem netten wissenschaftlichen Namen Tussilago farfara ein echter Hingucker; vor allem, weil er dort anzutreffen ist, wo sonst noch wenig wächst: auf Schutt- oder Abraumhalden, Bahnschotter, Kiesaufschüttungen, unbefestigten Straßenrändern oder in den Fugen von gepflasterten Wegen. Hier wird es schnell trocken und die Sonne wärmt die Umgebung auf - beste Bedingungen also. Durch seine rege Bautätigkeit hat der Mensch ausnahmsweise einmal eine Pflanzenausbreitung gefördert, wenn auch unbewusst. Mit den Baustellen verschwindet die Pflanze dann leider schnell wieder. Günstiger für sie, weil von Dauer, ist ihr zweites Standbein; frisch-feuchte, nährstoffhaltige gras- oder kräuterbewachsene Säume von Bach- und Flussufern. Tussilago farfara kommt natürlicherweise von Europa bis Westasien vor, fast überall woanders wurde er eingeschleppt. Bei uns blüht er normalerweise nur im März.

 

Der Huflattich gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Er hat keine Art-Verwandte, sondern ist die einzige Art der Gattung Tussilago. Er fällt besonders auf, weil anfangs nur die attraktiven gelben Blütenköpfe auf kurzen Stängeln aus dem Untergrund herausschauen, die Grundblätter folgen erst später. Die Stängel mit dem Blütenstand messen anfangs nur 5-15 cm. Wenn sie verblüht sind, strecken sie sich bis 40 cm in die Höhe und scheinen dabei irgendwann das Übergewicht zu verlieren (Abb. 1). Dies ist jedoch ein Mechanismus, um die sich im Korb entwickelnden Samen vor Regen zu schützen.

 

Ein Blütenstand setzt sich aus einem äußeren Blütenkranz mit mehreren Hundert weiblichen Zungenblüten und den sich im gewölbten Zentrum befindlichen männlichen Röhrenblüten zusammen. Letztere erreichen nur 1/10 der Zahl der weiblichen Blüten. Die Bestäubung erfolgt durch Bienen, Käfer und Schwebfliegen, die von der Farbe und/oder dem leicht honigartigen Geruch der Blüten angelockt werden. An den Nektar gehen außerdem der Zitronenfalter sowie der Grünader- und Rapsweißling.

 

Mit dem Verblühen erscheinen die Blätter oder, genauer, die Grundblätter. Die Blütenstängel weisen nämlich ebenfalls kleine Blättchen auf. Es handelt sich um Schuppenblätter von rötlichbrauner Farbe. (Abb. 1 und 3). Der Name Huflattich ist auf seine großen Grundblätter zurückzuführen, denn ihre Form ähnelt häufig der von Pferdehufen. Daneben gibt es rundlich-herzförmige Exemplare (Abb. 2). Die Blattränder können rötlich sein und sind schwarz gezähnt. Dies grenzt sie von denen der Weißen Pestwurz ab, mit der sie verwechselt werden könnten. Deren Blätter erreichen jedoch leicht die doppelte Größe. Die Blätter des Huflattich können bis 20 cm breit werden. Sie sitzen am Ende eines langen Blattstiels, der eine tiefe Furche aufweist.

Abb. 2 Blätter des Huflattich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien
Abb. 2 Blätter des Huflattich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien

Die pelzige Behaarung der jungen Blätter bleibt, nachdem sie sich entfaltet haben, nur auf der Unterseite erhalten.

Huflattich ist Futterpflanze für die Raupen des Distelfalters und diverser Nachtfalter, besonders Eulenfalter.

 

Der kugelige Fruchtstand gleicht vom Aufbau her dem von Löwenzahn, ist jedoch dichter und erinnert an kleine Wattebäuschchen (Abb. 3). Kurz vor der Samenreife strecken sich die vorher pendelnden Stiele wieder in die Senkrechte, sodass die Samen mit ihren Schirmen besser vom Wind erfasst werden können. Außer vom Wind werden die Samen durch Ameisen oder andere Tiere verbreitet. Die Schirmchen bleiben gut an Fell haften.

Abb. 3 Zwischen den weißen Fruchtständen sind teilweise noch Staubgefäße mit gelbem Pollen zu sehen.
Abb. 3 Zwischen den weißen Fruchtständen sind teilweise noch Staubgefäße mit gelbem Pollen zu sehen.

Neben Der Verbreitung durch Samen kommt es zur Vermehrung über lange, unterirdische Ausläufer, die sich von der Mutterpflanze abtrennen können. Die Ausläufer dienen auch als Speicherorgane.

 

Medizin:

Huflattichblätter dürften mit das älteste Mittel gegen Husten sein. Im Gattungsnamen der Pflanze Tussilago steckt das lateinische Wort für Husten „tussis“, dem einen oder anderen bekannt durch die Pertussis-(Keuchhusten-)Impfung. Die Wirksamkeit der Blätter ist erwiesen, weshalb sie als Arzneimittel zugelassen sind. Laut Monographie ist das Anwendungsgebiet „Akute Katarrhe der Luftwege mit Husten und Heiserkeit; akute, leichte Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut.“ Man darf die Blätter aber auf keinen Fall selber zubereiten. Sie müssen aus kontrolliertem Anbau stammen, weil die Wildart, wie viele andere Korbblütler auch, einen zu hohen Gehalt an Pyrrolizidin-Alkaloiden enthält. Diese Substanzen werden beim Abbau in der Leber hoch giftig für Wirbeltiere, also auch den Menschen. Bei Ratten haben sie zudem Veränderungen am Erbgut verursacht und die Nachkommen geschädigt.

Der Huflattich blüht bereits wieder an der Stelle, an der die Fotos aufgenommen wurden – am Fuße des Schotterabhangs zwischen Bibliothek und der Einfahrt zum Botanischen Garten. Noch hat er keinerlei Blätter und ist dadurch kaum mit dem großblütigeren Löwenzahn zu verwechseln.


Quellen:

Bundesamt für Naturschutz: https://www.floraweb.de/xsql/oekologie.xsql?suchnr=6125&

Text und Fotos: Brigitte Steinke – Biologin - NABU